PROJEKT: IRENA BOBOWSKA


Die fehlende Hälfte der Geschichte: Irena Bobowska, die Vergessene Heldin

Die Veranstaltungsreihe „Fehlende Hälfte der Geschichte“ ist ein Versuch, die polnisch-deutsche Geschichte zu vervollständigen, indem es an Frauen erinnert – vergessene Heldinnen, die aus den Seiten der Geschichte gelöscht wurden, polnische Frauen, die vor 100 Jahre gemeinsam mit Frauen in Deutschland um ihre Rechte gekämpft haben, die später die Opfer des Krieges waren, aber auch für die Freiheit gekämpft haben. Viele von ihnen haben in Berlin gehandelt oder sind dort ermordet. In dem Projekt wollen wir an die Polinnen in Berlin erinnern, die von dem Verbrecher-Regime verfolgt, gefoltert, umgebracht und danach noch in die Vergessenheit gebannt wurden. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine hat die Geschichte eine völlig neue Dimension, die sehr relevant und aktuell ist.

Das Projekt soll ein weiterer Beitrag zu einer ausgewogenen Debatte über Geschichte in Bezug auf die Gegenwart sein. Wie viel können wir aus der Geschichte lernen und wie können wir darüber sprechen? Wer waren die Frauen, die polnischen Frauen, die für die Freiheit gekämpft haben? Wie können wir die Erinnerung an die vergessenen Heldinnen wachhalten? Wie können gemeinsame historische Debatten und Kunst zu einem tieferen Verständnis beitragen und eine Wiederholung der Geschichte vermeiden? 

In unseren Aktionen sprechen wir oft über vergessene Frauen*, anonyme Heldinnen, denn in unseren Kulturkreis wird die Geschichte von den Siegern – Männern geschrieben. Die aufgezeichnete Geschichte basiert auf einer Abfolge von Kriegen, Konflikten, Gewalt, in der Helden dominieren – Generäle, Führer, Soldaten, Päpste. Ihnen werden Denkmäler errichtet, über sie wird geschrieben.

In den letzten Jahren gab es in Berlin eine Debatte über Gedenkstätten und den möglichen Standort eines Denkmals für polnische Opfer des Nationalsozialismus. Die Debatte war lang, sie fand unter Männern in verschiedenen Positionen statt, unter Politikern, im Bundestag. Frauen*, insbesondere junge Frauen*, nahmen daran nicht teil. Das Projekt ist eine Form des gesellschaftlichen Bürger:innendialogs über Gedenkstätten in Berlin im Kontext von Frauen* und aus der Sicht von Frauen*.

Protagonistin ist Irena Bobowska, eine Posener Dichterin und Konspiratorin, die im Alter von 22 Jahren von den Nazis in Berlin ermordet wurde. Sie steht für uns symbolisch für all diejenigen jungen begabten Frauen, die im Kriege ermordet, vernichtet, verbannt und später von der Nachwelt ins Vergessen gebannt worden sind. 

Protagonistin: IRENA BOBOWSKA

Kurzbiografie: Geboren 3. September 1920 in Poznań / Posen (Polen), hingerichtet 27. September 1942 in Berlin-Plötzensee.
Eine  junge Frau. Eine hochbegabte Malerin und Dichterin. Eine Schwerbehinderte im Rollstuhl. Eine Pfadfinderin, Aktivistin der Posener Waffen Organisation, dh. Militärorganisation im Westen Polens (Großpolen). Mitgründerin und Mitherausgeberin der Untergrund-Zeitschrift “Pobudka” (Weckruf). Sie sammelte die Informationen aus der Funküberwachung und bereitet sie zum Ausdrucken vor. Sie transportierte die konspirative Dokumente versteckt in ihrem Rollstuhl. 1940 verhaftet, psychisch und physisch gefoltert. Sie wurde am 27. September 1942 im Morgengrauen im Gefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. 

Wo ist Nenia? 

Das symbolische Grab von Irena Bobowska (von Familie Nenia genannt) befindet sich auf dem Friedhof Miłostowo in Poznań. Ihre Überreste wurden jedoch nicht gefunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihr Körper, wie der vieler anderer Frauen, nach ihrer Hinrichtung in das Anatomische Institut gebracht wurde, wo Dr. Hermann Stieve Obduktionen durchführte und das Fortpflanzungssystem von Frauen unter Stress erforschte. Die Überreste dieser Frauen wurden eingeäschert und die Asche auf Friedhöfen beigesetzt: Parkfriedhof (Marzahn), Urnenfriedhof Seestraße (Berlin-Wedding), Südwestfriedhof Stahnsdorf und Friedhof Altglienicke. Im Jahr 2016 fanden die Erben von Dr. Stieve in der Familienresidenz über 300 Präparate aus seinem Obduktionsraum mit Gewebeproben von in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee ermordeten Frauen. Diese Überreste werden 2019 auf dem Dorotheen-städtischen Friedhof in Berlin bestattet. Es ist aber nicht ausgeschlossen,  dass sich die Urne mit den Bobowska Äschen auf dem zum Teil anonymen Grabfeld in städtischen Friedhof Altglienicke befindet. Dort wurden schon nach dem Krieg ca. 90 Urnen mit den Äschen der Hinrichtungs-Opfern aus Plötzensee.

Wo aber auch immer die Asche von Irena Bobowska aufbewahrt wird, die Erinnerung an sie lebt im geistigen, künstlerischen und symbolischen Bereich über die Grenzen hinweg weiter.  

BOBOWSKA in Berlin

Das Projekt „Fehlende Hälfte der Geschichte. Irena Bobowska, die vergessene Heldin“ ist die Fortsetzung einer Reihe von Aktionen, die das Kollektiv Dziewuchy Berlin zur Irena Bobowska, Frauen* Geschichten und zu Gedenkstätten in Berlin durchgeführt hat. dziewuchyberlin.org/irena-bobowska-die-vergessene-heldin-zapomniana-bohaterka/

Bobowska ist auch eine der polnischen Frauen, die auf Polkopedia.org vorgestellt werden, einem neuen Portal, das polnischen Frauen in Deutschland gewidmet ist und von Ewa Maria Slaska gegründet wurde. 


TERMINE:

8.9.2023 | Ausstellunsgeröffnung „NENIA. Irena Bobowska, posener Konspiratorin und Künstlerin”
Vernissage mit Live-Musik und Eröffnung des Festivals: 8. September 2023 | 19.00
BARAK KULTURY al. Marcinkowskiego 21, Posen

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2/3.9.2023 | Ausstellung auf der XV. Frauenkongress in Poznań
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Die Veranstaltungsreihe „Fehlende Hälfte der Geschichte“ in Berlin:

22.9.2022 | ERINNERUNG | Städtischer Friedhof Altglienicke, Schönefelder Ch. 100, 12524 Berlin (Treptow – Köpenick)
Schirmherrschaft Herr Oliver Igel, Bezirksbürgermeister von Berlin Treptow-Köpenick
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15.9.2022 | UNTERDRÜCKUNG | 15.9.2022 | 18.00 Uhr | Kulturkirche Nikodemus, Nansenstraße 12, 12047 Berlin  (Neukölln)
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13.9.2022 | KRIEG | „Denkmal für unsere und eure Freiheit kämpfende Menschen“, Virchowstraße, 10249 Berlin (Volkspark Friedrichshain)
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1.9.2022 | HEIMAT | Regenbogenfabrik, Lausitzer Str. 22, 10999 Berlin (Kreuzberg)
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Ein Projekt von:
Dziewuchy Berlin www.dziewuchyberlin.org;
Polkopedia www.polkopedia.org;
Ambasada Polek e.V.

Konzeption und Durchführung:
Anna Krenz (Dziewuchy Berlin, Sinus 3); Ewa Maria Slaska (ewamaria.blog)
Team: Miłosława Ryżczak, Karen Kandzia, Elżbieta Kargol, Jemek Jemowit, Marzena Zajączkowska (Sinus 3)
Texte: Anna Krenz, Ewa Maria Slaska
Grafik: Anna Krenz
Übersetzungen: Ewa Maria Slaska, Elżbieta Jagiełło, Dorota Cygan
Fotos: Maciej Soja (Soja Photography / facebook.com/SojaPhotography)
Video: Jasha Seibel

In Kooperation mit: RegenbogenfabrikPolonijna Rada Kobiet+Sinus 3

Projektwebsite: www.dziewuchyberlin.org/bobowska/
instagram.com/bobowska_berlin/

PRESSEBILDER:
https://www.dziewuchyberlin.org/media-pack/