beZug

Weiblicher Widerstand
und Utopien in Friedrichshain

Hörspaziergänge zu Frauen* in Friedrichshain

Ein Projekt von Mareike Wenzel und Anna Krenz

SOUNDCLOUD: https://soundcloud.com/mareike_menzel/sets/bezug

Friedrichshain ist ein Bezirk des Wandels. In den letzten hundert Jahren, entwickelte er sich vom ehemaligen Arbeiter*innenbezirk mit seinen Mietskasernen zum heutigen Szenekiez und Touristenmagnet. Nach der Wende bot Friedrichshain Freiräume und war ein Zufluchtsort für die unterschiedlichsten Menschen. In den letzten Jahren wurde er immer mehr zur Spielwiese für Immobilienspekulant*innen, Touristen und Hipstern, wo die Gentrifizierung in einem Besorgnis erregenden Tempo voranschreitet und viele der Menschen verdrängt, die diesen Bezirk ursprünglich prägten. Lokale Geschäfte, alltägliche Infrastruktur und kleine alternative Orte der Begegnung verschwinden, stattdessen entstehen Einkaufszentren, teure Lofts und Bürogebäude großer Konzerne. 

Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf das Leben von Frauen* und Mädchen* und wie sieht ein feministisches Friedrichshain aus?

Schon immer haben sich Frauen* in Friedrichshain sozial und politisch engagiert, finden aber im öffentlichen Raum des Bezirks kaum Beachtung und ihre Errungenschaften und Biografien bleiben oft unsichtbar. 

In Hörspaziergängen haben wir uns von historischen Frauen*biografien, die in Bezug zu Friedrichshain stehen, inspirieren lassen. Die Themen, die ihre Biografien prägten, haben wir an Mädchen* und Frauen* im heutigen Friedrichshain herangetragen, um in Gesprächen gemeinsam nach Bezügen zu heute zu suchen. Wir sprachen über Alltag, Erfahrung mit Rassismus, Diskriminierung und sozialer Ungerechtigkeit, aber auch über Zusammenhalt, Wünsche und Hoffnungen und fragten uns: Wer sind unsere weiblichen Vorbilder im Kiez? Welche Frauen* und Mädchen* machen den Kiez aus? Welche Themen verbinden uns weiterhin und welche Kämpfe führen wir gemeinsam weiter? Aus diesen Gesprächen sind kleine Hörspaziergänge entstanden, die euch dazu einladen durch Friedrichshain zu flanieren und den Bezirk mit den Stimmen der Frauen* und Mädchen* im Ohr neu zu entdecken.

Die Interviews wurden von Mareike Wenzel aufgenommen und zu kleinen Hörsparziergängen verdichtet, die Bilder der historischen Frauen* malte die Künstlerin Anna Krenz. Auf die folgende Seite wollen wir euch die historischen Frauen* vorstellen, die die Bezugspunkte für dieses Projekt darstellen. 

Ein großes Danke an alle Teilnehmende: Joelie, Luzia, die Mieterinitiative Weberwiese – Milieu sind wir, Dervla, Anna Sauter-Getschmann, Kerstin Ciensky, Anni Hasenpflug, Elina, Enna C. Bogott, Irmgard sowie an die teilnehmenden Frauen der Frauen-Soliküche des FRIEDA Frauenzentrums und an das Team und die teilnehmenden Mädchen der Arche Friedrichshain und an alle anderen, die namentlich nicht erwähnt werden möchten.

Premiere: 28.9.2024 | 12.00 | Forckenbeckplatz, 10249 Berlin Friedrichshain | Mehr >>>

Wir hören uns Eure Friedrichshainer Geschichten beim Weberwiese Kiezfest an:

Mehr >>>

Während der Aufzeichnung der Gespräche im Kinderhaus ARCHE in Berlin-Friedrichshain entwarfen die Mädchen Visionen von ihren Heldinnen:

Autorinnen:

Mareike Wenzel ist eine Berliner Schauspielerin und Theatermacherin. Seit 2007 ist sie Teil des renommierten Performance-Kollektivs SIGNA und spielte u.a. am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, der Volksbühne Berlin, den Salzburger Festspielen und am Schauspiel Köln, viele dieser Arbeiten wurden ausgezeichnet. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin leitet Mareike das georgische Kindertheater Aitsona-Daitsona in Tbilisi für das sie vier Stücke inszenierte, die durch ganz Georgien tourten. In den letzten Jahren richtete Mareike ihren Fokus auch auf performative Audioformate, die unterschiedliche Narrative zu Orten miteinander kontrastieren und überlagern. 

www.mareikewenzel.com

Anna Krenz ist polnische Künstlerin, Architektin, Autorin und Aktivistin. Sie ist Mitgründerin des Designstudios „Sinus_3”, wo sie Performances, Filme und Installationen entwickelt, die sich mit nachhaltiger Architektur und Stadtplanungstheorie im öffentlichen Raum und in der Geschichte beschäftigen. Gründerin von Dziewuchy Berlin (gegründet 2016), einem feministischen Kollektiv, das polnische Frauen* international unterstützt und sich aktiv für Frauen*- und Menschenrechte in Polen und Deutschland einsetzt. Seit vielen Jahren engagiert sich Anna Krenz in Projekten zur Geschichte der polnisch-deutschen Beziehungen und zur Frauengeschichte. Sie kreiert künstlerische Arbeiten, Projekte und Kampagnen, verfasst Texte und Manifeste. Seit 2003 lebt sie in Berlin.

www.annakrenz.net | www.sinus3.com | www.dziewuchyberlin.org 


Hilde Radusch 
(1903–1988)

Sie war eine radikale Verfechterin von Frauen*rechten und eine unermüdliche Kämpferin gegen den Nationalsozialismus. Ihre politische Karriere begann, als sie 1921 mit 18 Jahren aus Weimar nach Berlin kam und dort in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands eintrat und bald darauf begann, sich gewerkschaftlich zu engagieren. Sie übernahm Führungsrollen in Gewerkschaftsorganisationen und setzte sich besonders für die Rechte von Frauen* ein. Als Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) war sie von 1929-32 Berliner Stadtverordnete. Ihr politisches Engagement führte im Jahr 1933 zu ihrer Verhaftung durch die Nazis und zur Haft im Friedrichshainer Frauengefängnis Barminstrasse. Auch während ihrer Haft war Radusch aktiv und setzte sich für bessere Haftbedingungen der Inhaftierten ein und dokumentierte Misshandlungen. Nach ihrer Entlassung aus der Haft führte sie ihren Widerstand fort. Durch die Warnung einer Bekannten, entkam sie ihrer erneuten Verhaftung durch die Nazis und überlebte die NS-Diktatur in einem Versteck zusammen mit ihrer Partnerin Else Klopsch, genannt „Eddy“. 

Nach dem Krieg widmete sich Hilde Radusch dem Wiederaufbau und baute die “Hilfsstelle für die Opfer des Faschismus” mit auf. Trotz ihrer frühen Mitgliedschaft in der KPD trat sie 1946 aus der Partei aus, da sie als lesbische Frau und wegen ihres Lebensstils, auch dort Diskriminierung erfuhr. Nach ihrem Parteiaustritt wurde sie von der KPD bei ihrem Arbeitgeber dem Bezirksamt Schöneberg denunziert und verlor dort wegen ihrer sexuellen Orientierung ihre Anstellung. Obwohl auch ihr späteres Leben durch viele Schicksalsschläge geprägt war, gab sie nie auf und kämpfte bis zu ihrem Lebensende gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung. So wurde sie  in den 1970er Jahren eine prominente Figur der Neuen Frauenbewegung in Berlin. Sie gründete die Gruppe L74, ein Zusammenschluss älterer Lesben und das Frauenforschungs-, bildungs- und -informationszentrum (FFBIZ). Das feministische Archiv FFBIZ befindet sich in der Scharnweberstraße 31 in 12047 Berlin-Friedrichshain. 

#queereräume #frauen*räume


Pauline Staegemann
(1838–1909)

Eine Pionierin der Arbeiterinnenbewegung und eine der ersten Frauen, die sich im Kaiserreich für die Rechte von Arbeiterinnen einsetzten. Als Dienstmädchen erlebte sie die extrem schlechten Arbeitsbedingungen ihrer Zeit hautnah. Sie wurde früh zur Witwe und zog allein ihre vier Kinder groß. Getrieben von der Überzeugung, dass sich die damaligen Arbeitsbedingungen, insbesondere für Frauen,  ändern müssten, gründete sie 1873 gemeinsam mit anderen Frauen den Berliner Arbeiterfrauen- und Mädchenverein, die erste sozialdemokratische Frauenorganisation, der sich für Arbeiterinnenrechte und gegen Ausbeutung einsetzte. Sie lebte lange Zeit  in Friedrichshain. Ihr Geschäft, ein Gemüsekeller auf der Landsberger Allee und später in der Andreasstraße, wurde zum Treff- und Beratungspunkt für Arbeiterinnen, Sozialdemokratinnen und politisch Engagierte. Staegemann war eine gute Rednerin, engagierte sich sozial und politisch und wurde deswegen mehrfach inhaftiert. 1879 wurde sie wegen „Beleidigung der Geistlichkeit“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, nachdem sie bei einer Protestveranstaltung gegen die “herzlose Haltung” eines Geistlichen protestiert hatte. Darauf saß sie als erste politische Gefangene im Frauengefängnis in der Barnimstraße in Friedrichshain ein.

In den 1880er Jahren kämpfte sie an der Seite von Emma Ihrer und Gertrude Guillaume-Schack für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen für Frauen. Durch ihre beharrlichen Bemühungen konnte sie Verbesserungen in der Gewerbeordnung durchsetzen, die den Schutz von Arbeiterinnen verbesserten. Ihr Engagement ging weit über die bloße Arbeitskampfpolitik hinaus: Staegemann setzte sich auch für die Bildung und soziale Vernetzung von Frauen ein.

Pauline Staegemann ebnete den Weg für spätere Generationen von Frauenrechtlerinnen und ist ein Vorbild für den unermüdlichen Kampf um soziale Gerechtigkeit und die Rechte von Arbeiterinnen. Eine Straße in Friedrichshain ist nach ihr benannt, auf der sich auch das Stadtteilzentrum der Volkssolidarität Berlin “Pauline” befindet.

#sozialegerechtigkeit #arbeiterinnenrechte


Helene Stöcker 
(1869–1943)

Eine deutsche Feministin, Philosophin und Journalistin, deren Ideen ihrer Zeit weit voraus waren. Geboren am 13. November 1869 in Wuppertal, wuchs sie in einer streng calvinistischen Familie auf, was ihre Bildung zunächst in konservative Bahnen lenkte. Später emanzipierte sie sich und wurde eine der ersten Frauen in Deutschland, die Literaturgeschichte, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Berlin studierte. Da Frauen zu dieser Zeit in Deutschland keinen akademischen Abschluss erwerben durften, musste sie nach Glasgow und Bern gehen, wo sie 1902 als erste deutsche Frau einen Doktortitel in Literatur erwarb. 1905 gründete sie zusammen mit der Politikerin Lily Braun und dem Soziologen Max Weber den Bund für Mutterschutz und Sexualreform. Die erste Beratungsstelle des Bundes für Mutterschutz befand sich in Friedrichshain an der Schillingbrücke 2, wo Frauen medizinische, soziale, juristische und psychologische Beratungen erhalten konnten. 

Stöckers Engagement konzentrierte sich auf den Kampf für die Rechte von Frauen, einschließlich der rechtlichen Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern, früher Sexualerziehung, Zugang zu Verhütungsmitteln und der Abschaffung des § 218, der Abtreibungen verbot. Bis heute kämpfen Feministinnen dafür, diesen Paragraph aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten verlor Stöcker ihre Staatsbürgerschaft und ihren Doktortitel, ihre Schriften wurden verboten und verbrannt. Es gelang ihr, in die Schweiz und später in die USA zu fliehen, wo sie 1943 verarmt an Krebs starb.

#aufklärung #prochoice #wegmit218


Gabriele Tergit 
(1894–1982)

Gabriele Tergit wurde als Elise Hirschmann in Berlin geboren, war eine jüdische Schriftstellerin und Journalistin. Als Tochter des Fabrikbesitzers Siegfried Hirschmann, dessen Fabrik sich am Friedrichshainer Boxhagener Platz befand, wuchs sie an der Holzmarktstraße auf. Tergit stammt aus einer gutbürgerlichen Familie, aber die Wohngegend an der Holzmarktstraße war durch Armut geprägt und viele Kinder, mit denen Gabriele Tergit als Kind spielte, litten unter Armut und lebten unter katastrophalen Bedingungen. Diese Kindheitserlebnisse prägten auch Tergits spätere Arbeit.

Ihren ersten Artikel schrieb sie bereits 1915 für das “Berliner Tageblatt” unter dem Titel “Frauendienstjahre und Berufsbildung”, damals noch unter ihrem Geburtsnamen Elise Hirschmann. Tergit studierte und promovierte in Geschichte, Soziologie und Philosophie. In den 1920er und 1930er Jahren arbeitete sie als freie Journalistin für verschiedene Berliner Zeitungen und schrieb Gerichtsreportagen und, Kolumnen. Als Gerichtsreporterin, ein Berufsfeld, in dem sie zu dieser Zeit die einzige Frau sein sollte, thematisierte sie oft wichtige soziale Fragen, wie die schwierige Lage von Frauen, die unter prekären Bedingungen Abtreibungen vornehmen mussten. Es folgte eine Karriere als Schriftstellerin. Ihr bekanntester Roman, „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“, erzählt vom Auf- und Abstieg eines Volkssängers. Ihr anderer großer Roman „Effingers“ erzählt die Geschichte einer jüdischen Familie in Berlin, auch hier flossen Erfahrungen und Erlebnisse aus ihrer Friedrichshainer Kindheit ein. 

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten stand Tergit auf deren schwarzer Liste. Nach einem gescheiterten Überfall der SA auf Tergits Wohnung, floh sie aus Deutschland und ging ins Exil. Für viele Jahre lebte sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn an unterschiedlichen Orten, bis sie 1938 in  London ankam, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. 1957 wurde sie zur Sekretärin des PEN-Clubs deutschsprachiger Autoren im Exil gewählt. Am 25. Juli 1982 starb Gabriele Tergit in London.

#pionierindesjournalismus #sozialeungerechtigkeiten


Grete Weiskopf 
(1905-1966)

Grete Weiskopf (geborene Margarete Bernheim), bekannt unter ihrem Pseudonym Alex Wedding, wurde am 11. Mai 1905 in Salzburg geboren und starb am 15. März 1966 in Saalfeld/Saale. Sie war eine bedeutende Kinder- und Jugendbuchautorin, die vor allem durch ihre sozialkritischen Werke und ihr Engagement für marginalisierte Gruppen, wie Sinti und Roma bekannt wurde.

Aufgewachsen in einer armen jüdischen Familie, entwickelte Weiskopf früh ein starkes soziales Bewusstsein. Ihre prägende Begegnung mit der Familie eines Sinti-Mädchens, das sie 1929 in Berlin kennenlernte, fand Eingang in ihr berühmtestes Werk „Ede und Unku“ (1931). In diesem Jugendbuch erzählt sie die Geschichte der Freundschaft zwischen dem Arbeiterjungen Ede und der jungen Sinteza Unku. Das Buch sensibilisierte eine breite Leserschaft für die Lebensrealitäten und Diskriminierung von Sinti und Roma in der Weimarer Republik. “Ede und Unku” war ein wichtiges Werk im Kampf gegen Rassismus und Antiziganismus, es wurde 1933 von den Nationalsozialisten verbrannt. Grete Weiskopf floh ins Exil in die USA. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte sie nach Europa zurück und zog mit Umweg über China, wo sie als Übersetzerin arbeitete, nach Ost-Berlin und lebte ab 1954 am Strausberger Platz 19 im “Haus des Kindes” in Friedrichshain. 

Grete Weiskopf setzte sich für die Anerkennung von Kinderliteratur ein und betonte immer wieder die Bedeutung von guter Kinder- und Jugendliteratur, die Kinder und Jugendliche zu selbstständigem Denken und Handeln ermutigen sollte. Mit ihren Büchern schuf Grete Weiskopf nicht nur bedeutende Kinderliteratur, sondern auch ein bleibendes Erbe im Kampf für die Rechte von Sinti und Roma. Ihr Einsatz wird bis heute hoch geschätzt, und ihr Werk ist ein wichtiger Bestandteil der deutschen Literatur und Erinnerungskultur. 2011 wurde  eine Straße in Friedrichshain zum “Tag des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus” als Ede-und-Unku-Weg benannt. Zuvor war 1966 eine Schule in der Singerstraße nach Alex Wedding benannt worden, heute heißt sie allerdings Blumen-Grundschule. 

#jugendliteratur  #feministischeerzählungen


Emilie Winkelmann 
(1875 – 1951) 

In einer Zeit, in der Frauen nur in Ausnahmefällen an deutschen Universitäten studieren konnten und das Berufsfeld der Architektur fest in Männerhand lag, gelang es Emilie Winkelmann, sich als erste selbstständige Architektin in Deutschland zu etablieren. 

Winkelmann erlernte das Handwerk des Zimmermanns und der technischen Zeichnerin im Bauunternehmen ihres Großvaters. Darüber hinaus arbeitete sie in Architekturbüros in Berlin, Dortmund und Bochum. Frauen durften in Preußen nicht studieren, daher schrieb sie sich an der Technischen Hochschule Hannover als „E. Winkelmann“ ein. Erst bei der Abschlussprüfung stellte sich heraus, dass es sich um eine Frau handelte. Das Staatsexamen durfte sie nicht ablegen. Das hielt sie nicht auf. Emilie Winkelmann gewann den Architekturwettbewerb zum Bau eines Theatergebäudes mit Festsaal in der Blumenstraße 10 in Friedrichshain. Sie eröffnete 1907 sie als erste Frau in Deutschland ihr eigenes Architekturbüro. 

Kontakte zur bürgerlichen Frauenbewegung ermöglichten es ihr, frühzeitig bedeutende Aufträge zu erhalten. 1913 erhielt sie den Auftrag, das Gebäude des Lyceum-Clubs in Berlin umzugestalten, wodurch sie dem Club am Lützowplatz ein architektonisches Gesicht gab, dass das Stadtbild nachhaltig prägte. Zwischen 1913 und 1914 errichtete sie das „Haus in der Sonne“ in Babelsberg, ein Wohnheim für Pensionärinnen, die eine selbstbestimmte, aber gemeinschaftliche Lebensform im Alter suchten. Einige Jahre später verwirklichte sie mit dem „Victoria-Studienhaus“ (Ottilie-von-Hansemann-Haus) in Charlottenburg das erste Studentinnen-Wohnheim Europas, das jungen Frauen eine alternative Wohnform, jenseits etablierter, oft fremdbestimmter Modelle wie der Untermiete, bot.

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 trat sie nicht in die Partei ein. Das beendete ihre Karriere, da sie ein Bauverbot erhielt. Nach Kriegsende zog sie auf das Gut Hovedissen bei Bielefeld. Dort widmete sie sich viele Jahre lang dem Wiederaufbau des Anwesens und der Unterbringung von Flüchtlingen. Sie starb dort und wurde im Familiengrab in Aken bei Dessau beigesetzt. Als lesbische Frau in einer von Männern dominierten Berufswelt war Emilie Winkelmann ein Vorbild für Mut und Emanzipation.

#feministischestadt #queerearchitektin


Helen Ernst 
(1904–1948) 

Geboren in Athen als Helene Ebermann. Sie war eine entschlossene Kämpferin gegen das NS-Regime und eine bedeutende Künstlerin, die sich kompromisslos für soziale Gerechtigkeit und Frauenrechte einsetzte. Ihre Kunst war stark von der politischen Lage und ihrem Engagement in der kommunistischen Bewegung geprägt.

Sie erhielt ihre Ausbildung in Zürich, Stuttgart und Berlin und studierte 1921–24 an der Berliner Kunstakademie, um Zeichenlehrerin zu werden. Während dieser Zeit änderte sie ihren Namen zu Helen. Nach ihrem Abschluss begann sie eine Ausbildung zur Modezeichnerin an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule (“Berlin-Ost”) in der Andreasstraße 1-2 in Friedrichshain und arbeitete daneben als Grafikerin, Kostüm- und Modeberaterin.

Sie engagierte sich in einer Gruppe linker Künstler*innen und nutzte ihre Fähigkeiten als Grafikdesignerin und Presseillustratorin, um auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde sie aufgrund ihres politischen Engagements zweimal verhaftet und saß auch im Frauengefängnis in der Barnimstraße ein. Trotz Verfolgung und der Zerstörung ihrer Werke ließ sie sich nicht einschüchtern und emigrierte 1934 in die Niederlande, wo sie ihren Widerstand als Pressezeichnerin fortsetzte. 1940 wurde sie dort von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Ravensbrück und danach ins Außenlager Barth deportiert, wo sie bis 1945 inhaftiert war. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie physisch und psychisch durch die Lagerhaft geschwächt in Schwerin, wo sie 1948 an Tuberkulose starb.

Im Jahr 2026 wurde in der Nähe der Uber Arena in Friedrichshain eine Straße nach Helen Ernst benannt.

#kunstundwiderstand #feministischekunst 


Ein Projekt von Ambasada Polek e.V.
Kontakt: ambasadapolek@gmail.com

In Zusammenarbeit mit:    

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Weberwiese – Milieu sind wir! | www.weberwiese-initiative.com

Projekt gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms (Demokratie leben! (www.demokratie-leben.de)